Autor Lernet-Holenia, Alexander rororo #369
  Oesterreich
Titel Der Graf Luna
   
   
Umschlaggestaltung Hagedorn, Hans Hermann
rororo Taschenbuch Ausgabe 369
   
Auflage(n) 1.-38. Tsd. 07/1960
 
145 Seiten
dt. Erstausgabe Wien: Zsolnay, 1955
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Der am 21. Oktober 1897 als Sohn eines Marineoffiziers in Wien geborene Lyriker, Dramatiker und Erzähler Alexander Lernet-Holenia ist der bedeutendste überlebende Repräsentant der großen österreichischen Dichtergeneration um die Jahrhundertwende. In Wien und St. Wolfgang beheimatet, nahm er an beiden Weltkriegen als Kavallerieoffizier teil; dazwischen führten ihn ausgedehnte Reisen in die weite Welt. Seiner von Rilke und Hölderlin beeinflußten Lyrik wurde frühe Anerkennung zuteil, und man rühmte ihn als einen «unvergleichlichen Wortgoldschmied». Schon die ersten Bühnenwerke, der expressionistische Erstling «Demetrius» (1925), die «Österreichische Komödie» und der schwankhafte Einakter «Ollapotrida» (1926) wurden mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet. Den Schritt zur Prosa wagte der Dichter mit einer romanhaften Gestaltung seines erfolgreichen Stückes «Die nächtliche Hochzeit», der phantastischen Liebesgeschichte eines Grafen und einer in bäuerlicher 'Umgebung aufgewachsenen Herzogstochter. Diese Romanze in polnischem Milieu wurde ihm dann zum Auftakt für den kleinen Roman «Die Abenteuer eines jungen Herrn in Polen» (rororo Nr. 93), der erstmalig 1931 erschien, sogleich großen Erfolg errang und verfilmt wurde. Das historische Thema, der Zerfall Österreichs und seiner Heere, zieht den Dichter immer wieder an, und da er selbst Offizier war, sind es häufig auch die Helden seiner bravourösen, temperamentvollen und von kleistischer Prägnanz gezügelten Erzählungen und Romane wie «Ljuba's Zobel», «Jo und der Herr zu Pferde», «Ich war Jack Mortimer», «Die Standarte», «Der Baron Bagge», «Die Auferstehung des Maltravers» und «Die vertauschten Briefe». Die glanzvolle, von österreichischer Leichtigkeit und französischem Esprit geprägte Erzählform machte ihn sehr rasch beliebt und weltberühmt. Seinem lyrisch-stimmungsvollen, von ironischen Lichtern beglänzten, gelegentlich auch ins Metaphysische mündenden Gesamtwerk wurde 1927 der Bremer Goethe-Preis und 1951 der Literaturpreis der Stadt Wien zugesprochen.
Inhalt: In dem hier vorliegenden, kühn konzipierten und erregend vielschichtigen Roman setzt sich der Autor mit unserer Gegenwart auseinander. Jessiersky, ein Mann von altadliger Herkunft, hat während der Nazizeit, ohne es wirklich zu wollen, aber auch ohne es zu verhindern, einen anderen, den Grafen Luna, ins KZ gebracht. Er erfährt nicht, daß Luna umkommt, und wähnt sich noch Jahre später von ihm verfolgt. Doch stellt er sich nicht; vielmehr er begeht mehrere Morde, um der Vergangenheit zu entkommen. Er flieht nach Rom, und hier, in den Katakomben, erreicht ihn sein Schicksal. Mit kühler Verve und nobler Distanz entfaltet Lernet-Holenia die kriminalistisch exakte Geschichte, und meisterhaft versteht er, jenes Problem in ihr ansichtig zu machen, dem wir uns noch täglich konfrontiert sehen: das Problem der Schuld.