Autor Dreiser, Theodore rororo #351-352
  USA
Titel Jennie Gerhardt
  Jennie Gerhardt
Übersetzung Nuese, Alfons Mathias
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 351-352
   
Auflage(n) 1.-38. Tsd. 03/1960
 
372 Seiten
dt. Erstausgabe Wien: Zsolnay, 1928
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Theodore Dreiser, der 1871 als Sohn eines rheinischen Hüttenverwalters in Terre Haute / Indiana geboren wurde, leitete eine Wende der amerikanischen Literatur ein. Als er 1945 starb, war er trotz aller Anfeindungen, die er jahrzehntelang erdulden mußte, der bedeutendste Vertreter des dokumentarischen Realismus und einer der größten Romanciers seiner Zeit. Seine herbe Darstellungsweise und die mythischen Motive, die seine naturalistische Wahrhaftigkeit vertiefen, verleihen all seinen Romanen einen wuchtigen und imponierenden Charakter. Gleich mit seinem ersten Werk, dem 1900 erstandenen, aber erst 1907 an die Öffentlichkeit gelangten Roman «Schwester Carrie» (rororo Nr. 74) erboste er das Publikum so sehr, daß sein Verleger sich gezwungen sah, es dem Buchhandel zu entziehen. Die bittere soziale Kritik und das unverblümt lebenswahre Thema erschütterten die Grundbegriffe puritanischer Moral und stießen ab. Heute zählt der Roman zu den wichtigen Pionierwerken der amerikanischen Moderne. Auch die späteren Arbeiten «Der Finanzier» (1912) und «Der Titan» (1914) üben schärfste Sozialkritik. Unermüdlich prangerte dieser große Epiker jene Mißstände an, die der Akademismus seiner Zeit sorgsam ignorierte: brutalen Machtwillen, hemmungsloses Gewinnstreben, Jagd nach seichtem Sinnengenuß und den fatalen Mangel an Menschlichkeit. Die Gesellschaft rächte sich damit, seine Bücher vulgär, seine Frauen fragwürdig, seine Ideen schwerfällig, seinen Stil abscheulich und ihn selbst arrogant zu nennen. Den 1915 erschienenen Maler-Roman «Das Genie» ließ die «Gesellschaft zur Unterdrückung des Lasters» verbieten; die Kritik tat alles, um seine Romane herabzusetzen. Erst die 1925 veröffentlichte, nach einem wirklichen Mordfall gestaltete «Amerikanische Tragödie» (rororo Nr. 37/38), die H. G. Wells als «einen der größten Romane unseres Jahrhunderts» bezeichnete, gewann ihm Weltruhm. Das Werk wurde, wie auch «Schwester Carrie», mit erstrangigen Darstellern verfilmt. Dreisers kompromißlose Lebenstreue macht seine Bücher, wie Sherwood Anderson formulierte, «nicht zu Romanen, sondern zu ungeheuren Erlebnissen».
Inhalt: Das vorliegende Werk, Dreisers zweites Buch, erschien zuerst 1911. Es wurde damals als eine Gefahr für die Sittlichkeit verunglimpft. Heute aber gilt es ah ein vollendetes Kunstwerk. Der Autor schildert darin mit unüberhörbarer Anklage der Verhältnisse den Weg einer liebenden Frau, deren Schicksal sich inmitten einer eigensüchtigen, dünkelhaften und scheinheiligen Gesellschaft erfüllt.
Literatur über Dreiser: J. Müller, Amerikakritik in den Hauptwerken Th. D. bis zum New Deal, Diss. Wien 1943.