Autor Jacob, Heinrich Eduard rororo #217
  Deutschland
Titel Dämonen und Narren
   
   
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 217
   
Auflage(n) 1.-50. Tsd. 04/1957
 
150 Seiten
dt. Erstausgabe Rechte beim Autor, 1927
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Balzacs bekannte Äußerung: «Künstler müssen wahnsinnig sein - wie könnten sie sonst dem Wahnsinn der Welt durch das Mittel der Kunst entgegentreten?» steht unsichtbar über diesen Novellen. Kaiser Nero ist klinisch wahnsinnig, als er - der sich im Dichten gestört wähnt - den Befehl gibt, Mutter und Bruder zu töten. Ferdinand Raimund, der Österreicher, lebt jahrelang in der Angst vor Tollwut: im Toben eines Theaterskandals sieht er die Proszeniumslogen wie die Eckzähne eines Hunderachens auf sich zukommen und will sterben. Und der junge Lord Byron? Ins Mark getroffen von einer Kritik seiner Erstlingsgedichte, schreibt er in einer Nacht zweitausend Verse und erklärt der gesamten Literatur seines Zeitalters den Krieg. Alle drei sind furchtbar und närrisch zugleich. In ihnen rast ein dämonischer Ichtrieb: des Künstlers, der einzig «sein Kunstwerk will». Als dieses Novellen-Triptychon des jungen, 1889 in Berlin geborenen Heinrich Eduard Jacob 1927 - er ist nun schon seit langem Bürger der Vereinigten Staaten - erschien, erregte es Aufsehen. Der thematischen Kühnheit der Stoffe entsprach ihr explosiver Wortausdruck. Die Urteile großer Prosaisten wie die von Thomas Mann und Hofmannsthal, von Seelenforschern wie Alfred Adler stellten H. E. Jacob in die vordere Reihe der deutschen Epik. In Deutschland ging damals der Expressionismus in die neue Sachlichkeit über; und Sachlichkeit war hier wahrlich zu spüren.
INHALT: Die Helden von «Dämonen und Narren» haben drei große Kulturkreise als Gegen- und Mitspieler, die mit höchster Subtilität und Präzision dargestellt sind. Im «Gefesselten Raimund» war es die «unbegreiflich geglückte Mischung von Volkswesen, Landschaft und Dialekt», die Hofmannsthal rühmte. In «Byron erklärt Schottland den Krieg» - das als erster Willy Haas für die «Literarische Welt» entdeckte - ist es der napoleonische Machttraum, der den knabenhaften Byron berauscht. Und in «Mitleid mit Nero», der Novelle, die Thomas Mann einen «Gipfelpunkt der historischen Ironie» genannt hat, ist es das kaiserliche Rom, in dem nicht nur Nero wütet und leidet, sondern der Philosoph Seneca «ins Unerforschte der Welt hinabstaunt».
Die späteren «Sachbücher» Jacobs - «Sage und Siegeszug des Kaffees» und «Sechstausend Jahre Brot» (er war der erste, der sich dieser literarischen Kategorie annahm) - sind bereits in den individuelleren «Dämonen und Narren» vorweggenommen. Nicht minder Heinrich Eduard Jacobs in viele Sprachen übersetzte Musikbücher, die subjektivste Seelendeutung mit objektivem Kulturwissen vereinen: «Johann Strauß Vater und Sohn» (rororo Nr. 90), «Haydn, Seine Kunst, Seine Zeit, Sein Ruhm» und «Mozart - Geist, Musik und Schicksal».