Autor Becher, Ulrich rororo #155
  Deutschland
Titel Die ganze Nacht
   
   
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 155
   
Auflage(n) 1.-50. Tsd. 08/1955
 
184 Seiten
dt. Erstausgabe Rechte beim Autor (EA)
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Der Erzähler und Dramatiker Ulrich Becher wurde am 2. Januar 1910 als Anwaltssohn in Berlin geboren. Nach einem Jurastudium in Berlin und Genf wendet er sich der Literatur zu. Ernst Rowohlt entdeckt ihn für seinen Verlag, und unter dem Titel "Männer machen Fehler" werden 1932 sieben Kurzgeschichten zur literarischen Sensation. Eine kunstfeindliche Epoche ächtet, zusammen mit der Elite des deutschen Schrifttums, den jungen Autor. Die Berliner Uraufführung seines von Lion Feuchtwanger geförderten Mysterienspiels "Niemand" wird verboten. Nach einer tätlichen Auseinandersetzung in der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität flieht Becher nach Wien. Dort heiratet er die Tochter des österreichischen Humoristen Roda Roda und arbeitet für französische und schweizer Zeitungen. Ein zweiter Novellenband "Die Eroberer" erscheint im freiheitlichen Verlag Emil Oprecht in Zürich und wird von Heinrich Mann gerühmt. In Bern wird das Spiel "Niemand" endlich uraufgeführt. 1938 flieht Becher, mit dem letzten unbewachten Zug vor dem Einmarsch der Deutschen, in die Schweiz und schlägt sich schließlich mit gefälschtem Paß über Frankreich und Spanien nach Brasilien durch. Zunächst in Rio de Janeiro, später auf einer Urwaldfarm lebend, arbeitet er für eine der größten dortigen Tageszeitungen, den "Estado de Sao Paulo", und das antifaschistische "Andere Deutschland". In dieser Zeit entstehen das balladeske politische Pamphlet "Das Märchen vom Räuber, der Schutzmann wurde" und die Verserzählungen "Reise zum blauen Tag" und "Brasilianischer Romanzero". Diese Lyrik ist so ausdrucksstark und eigenwillig, daß der Autor selbst für sie die ironische Bezeichnung "Urwaldbarock" findet. Gegen Kriegsende übersiedelt Becher nach New York. Hier schreibt er, zusammen mit dem Wiener Schauspieler Peter Preses, eine schweijkartige Posse auf die Hitlerzeit in Österreich "Der Bockerer", die nach dem Krieg in Wien uraufgeführt und zum erfolgreichsten Zeitstück neben Zuckmayers "Des Teufels General" wird. In dem Stück "Samba", worin er die Existenz der in den Urwald verschlagenen Europäer zeichnet, findet der Autor seinen eigenen Stil; es wird, zuerst im Wiener Theater in der Josephstadt, dann bei Barlog in Berlin, mit Rudolf Forster in der Hauptrolle, zu einem überragenden Erfolg. Im Herbst 1952 inszeniert Heinz Hilpert in seinem Deutschen Theater in Göttingen Bechers deutsch-amerikanische Tragödie "Feuerwasser", die bald über viele andere Bühnen geht.
   Im Frühjahr 1954 erringt Barlog in seinem Berliner Schloßpark-Theater mit der inzwischen durch den Dramatiker-Preis des Deutschen Bühnenvereins ausgezeichneten fatalen Komödie "Mademoiselle Löwenzorn" erneut für Ulrich Becher einen großen Bühnenerfolg. Gottfried Benn erklärt dieses "wunderbar freche Stück" zum "interessantesten der Spielzeit". Gegenwärtig arbeitet Becher an einer neuen dramatischen Satire über das Atomzeitalter "Die Kleinen und die Großen" sowie an einem großen Zeitroman "Ich heiße Legion".
   Die hier vorliegenden beiden New Yorker Erzählungen sind dem Novellenband "Nachtigall will zum Vater fliegen" (1950) entnommen. Ulrich Becher zeichnet sich unter den wesentlichen Autoren der Gegenwart durch einen ungemein scharfen Blick auf die umhergetriebenen Menschen unserer Zeit aus. Ein ehrlicher Pessimist, der an die Zukunft der Menschen glaubt, wenn sie nur ihr bisheriges Leben ändern.