Autor Reisiger, Hans rororo #122
  Deutschland
Titel Ein Kind befreit die Königin
   
   
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 122
   
Auflage(n) 1.-50. Tsd. 09/1954
 
247 Seiten
dt. Erstausgabe Hamburg: Rowohlt, 1939
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Der Dichter und Übersetzer Hans Reisiger wurde am 22. Oktober 1884 in Breslau geboren, studierte zunächst Jura und Philosophie, um sich schließlich der Literatur zuzuwenden. Heute gilt Hans Reisiger als einer unserer wenigen großen zugleich modernen und noch traditionsreichen Erzähler, die aus gründlicher Stoffkenntnis, sorgfältigem Studium, Feinheit des Stiles und Vornehmheit der Gesinnung Werke hervorbringen, die das Historische in die Bereiche der Dichtung erheben. Nach frühen lyrisch gestimmten "Werken, den Novellen "Stille Häuser" (1910), dem Roman "Maria Marlen" (1911) und "Jakobsland" (1913) gewann er vor allem mit seinem biographischen Roman über die Jugend Richard Wagners "Unruhiges Gestirn" (1930) einen breiteren Leserkreis.
   Das bedeutendste und meistgelesene Werk des Dichters liegt jedoch nun hier wieder vor. Ein Maria-Stuart-Roman, erfüllt vom Atem tragischer Vergangenheit, leuchtend vom Zauber einer königlichen Anmut, erzählt die Geschichte der berühmten Befreiung der Gefangenen aus dem Wasserschloß Lochleven durch einen leidenschaftlichen Jüngling, mit dessen Tod in der Schlacht von Langside auch alle Hoffnungen der Königin zunichte werden. Der Roman rückt historisch getreue Vorgänge in die schwermütige und erregende Stimmung altschottischer Balladen. Aus historisdier Überlieferung und dichterischer Phantasie wird in ihnen die menschliche Wahrheit eines großen Frauenschicksals ergreifend lebendig.
   Einem anderen historischen Stoff wandte sich der Dichter mit seinem letzten Werk "Äschylos bei Salamis" zu. In der Schilderung des griechischen Sieges bei Salamis und seiner dichterischen Ausdeutung durch das gewaltige Chorwerk "Die Perser" des Äschylos ist hier ein Sinnbild von der Flüchtigkeit alles Tatgeschehens und der Dauerhaftigkeit seiner Vergeistigung gegeben. Thomas Mann schrieb darüber: "Ich werde das Bild der Schicksalsschlacht selbst nie vergessen und kann nicht genug die pittoreske Anschaulichkeit der Figuren, namentlich auch des Xerxes in seiner von den Göttern verworfenen und tragisch betrogenen Größe, bewundern. Da wird auch der totalitären Despotie ihr ästhetisches Recht - wie überhaupt Gerechtigkeit, der gütige, erbarmende und doch sehr feste Blick von oben aufs Menschliche hinab das reinigende, lautere Ethos des Buches ausmacht." Neben diesen Werken und einem von Hans Reisiger gestalteten Lebensbild Johann Gottfried Herders in Selbstbildnissen, Briefen und Berichten hat sich Hans Reisiger, beginnend mit seiner bereits 1922 erstmalig erschienenen, bisher unübertroffenen meisterhaften Übertragung der Werke Walt Whitmans, als einer unserer besten und sorgfältigsten dichterisch-kongenialen Übersetzer verdient gemacht. So durch die Verdeutschung von Werken von Daniel Defoe, George Meredith, Gustave Flaubert, aber auch moderner Erzähler wie H. G. Wells, St. Exupéry, Harald Nicolson, Peter Fleming, Frederic Prokosch und anderer. Die philosophische Fakultät der Münchener Universität würdigte den Dichter und sein der Völkerverständigung dienendes übersetzerisches Wirken 1947 durch die Verleihung des Ehrendoktors.