Autor France, Anatole rororo #49
  Frankreich | Nobelpreis 1921
Titel Die Bratküche zur Königin Pedauque
  La rotisserie de la reine Pedauque
Übersetzung Wiegler, Paul
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 49
   
Auflage(n) 1.-50. Tsd. 03/1952
 
161 Seiten
dt. Erstausgabe Nürnberg: Karl, 1907
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Der am 16. April 1844 geborene Jacques Anatole Thibault, Sohn eines Pariser Bouquinisten, wurde unter seinem Pseudonym Anatole France berühmt. Weisheit, Wissen und Witz französischer Tradition prägten sein Lebenswerk, das schließlich mit 26 Bänden in die Weltliteratur einging. Dieser letzte große Humanist ist seiner Abkunft gemäß wie Sylvestre Bonnard, die Hauptgestalt seines ersten Romans, ein Leben lang leidenschaftlich der Welt der Bücher verbunden. Aber der Bibliomane, Genießer und Weltweise hat einen kämpferischen Geist, ist erklärter Gegner des Aberglaubens, der Intoleranz, der Demagogie und der Diktatur, tritt ein für die Freiheit des Geistes und die Idee des Sozialismus. Er schreibt eine bewunderungswürdig schmeichelnde, aber auch angreiferisch ätzende Prosa und wird so zu einem Meister lateinisch-klassischen Stils. Mit Vorliebe setzt er kunstvoll die Legende, die Allegorie in tiefe Beziehung zur Wende seiner Ära, reichert sein erzählerisches Werk an mit allen Kadenzen und Farben der Romantik, belebt es mit den funkelnden Lichtern einer gütigen Skepsis und abgeklärten Ironie. Als führender Kritiker der "Temps" ist er zunächst der gefährlichste und schonungsloseste Gegner Zolas, dessen Werk er als einen Haufen Unrat bezeichnet und von dem er sagt, er wäre besser nie geboren. Jahrzehnte später wird sein großer Landsmann George Bernanos fast mit den gleichen Worten ein ähnliches Fehlurteil über ihn fällen. Auf der Höhe seines Ruhmes wird er 1896 in die Academie Francaise gewählt. Der konservative Feind Zolas wird bald zu dessen Mitstreiter, zum dreyfusianischen Sozialisten, wird Freund und Bewunderer des großen Jean Jaures. Mehr und mehr nimmt sein Werk sozialsatirischen Charakter an und vor allem mit den vier Romanen seiner "Histoire Contemporaine", die in diesen Jahren erscheinen, der "Ulme am Wald", der "Probierstube", dem "Amethystring", und dem beschließenden Band "Professor Bergeret in Paris" übt er in autobiographisch-satirischer Form schärfste Kritik am gesellschaftlichen und politischen Leben des Frankreichs der Jahrhundertwende. Mit seiner berühmten Novelle "Crainquebille", der Geschichte eines von der Polizei ruinierten Grünwarenhändlers, macht er sich zum Anwalt des schlichten Volkes und verherrlicht Zola nun bedenkenlos als "das menschliche Gewissen". In seinen späteren Werken, einer legendenhaften Kulturgeschichte Frankreichs, der "Insel der Pinguine", dem großen Revolutionsroman "Die Götter dürsten" und dem ketzerischen Werk "Aufruhr der Engel" kehrt er jedoch wieder zum voltairianischen Antijakobinismus zurück.
   Seine "Rotisserie de la reine Pedauque" erscheint 1893 gleichzeitig mit dem letzten Band des berühmten Rougon-Macquart-Zyklus Zolas. Dieser romantisch-ironische Roman aus dem 18. Jahrhundert ist von rabelaisschem Überschwang und neben den "Pickwickiern" eines der seltenen Meisterwerke großen Humors neuerer Zeit. Der weinselige, von wilder Daseinslust umhergetriebene Held des Buches, ist eine Gestalt von unvergeßlicher Lebensfülle, die der Dichter noch einmal in den im gleichen Jahr erscheinenden "Meinungen, des Abbe Jerome Coignard" wiederkehren läßt. Als Anatole France am 12. Oktober 1924 auf seinem Landsitz La Bechellerin in der Tourraine, der Heimat Rabelais', stirbt, wird ihm ein Staatsbegräbnis zuteil, dem an Pomp nur noch das berühmte Leichenbegängnis Victor Hugos gleichkommt. Der Geist Voltaires und Renans umweht sein Grab. Paul Valery übernimmt seinen Sitz in der Academie und feiert ihn in seiner berühmt gewordenen Antrittsrede als den "Prince de la litterature".