Autor Balzac, Honoré de rororo #6
  Frankreich
Titel Oberst Chabert
  Le Colonel Chabert
Übersetzung Weiß, Ernst
Umschlaggestaltung Gröning, Karl jr.
Pferdmenges, Gisela
rororo Taschenbuch Ausgabe 6
  Kleines Format 11.5 x 17.5 cm
 
Auflage(n) 1.-50. Tsd. 07/1950
100. Tsd. 10/1956
 
170 Seiten
dt. Erstausgabe Berlin: Rowohlt, 1844
|
Honoré de Balzac, der geniale Begründer des modernen realistischen Romans, wurde als Sohn eines zu Vermögen und Ansehen gelangten Bürgers einfachster Herkunft am 21. Mai 1799 in Tours geboren. 1813 kommt er nach Paris, studiert einige Jahre Jura, ist Herausgeber, Verleger und Drucker und schreibt zunächst nebenher unter den verschiedensten Pseudonymen unzählige Hintertreppenromane, die zwar schon seine gigantische Arbeitskraft, aber noch nicht sein Genie verraten. Erst im Jahre 1830, mit dem „Oberst Chabert", seinem ersten literarischen Erfolg, offenbart er sich überraschend als der große Epiker, als der er in die Weltliteratur eingehen sollte.
   Mit diesem Werk beginnt er unter dem Titel „Szenen aus dem Privatleben" einen Zyklus von Erzählungen und Romanen, der schließlich zum allumfassenden Panorama seiner Zeit, zu seiner großen, bewunderungswürdigen „Menschlichen Komödie" wird, an die er 20 Jahre seines strotzenden Lebens und seiner strömenden Schöpferkraft verwendet. Als dieser größte aller Erzähler in der Nacht vom 17./18. August 1850 stirbt, hat er in über 2000 Gestalten und Schicksalen das Leben seiner Zeit festgehalten wie niemand vor, neben oder nach ihm. Ganz Frankreich trauert um ihn. Victor Hugo, Alexander Dumas, Sainte Boeuf und ein Minister tragen die Bahre dieses Enkels einfacher Häusler, aber ruhmwürdigsten Erzählers zum Pere Lachaise.
   Wenn wir heute die Heimkehrertragödie des „Oberst Chabert" lesen, deren Stoff und Wirklichkeitsnähe er einer seiner Geliebten, der Witwe des Generals Junot verdankt, so mutet uns dieses Schicksal, über das ein Jahrhundert dahinging, an wie ein Leben aus unseren Tagen. Ein totgeglaubter Offizier kehrt nach jahrelanger Irrfahrt heim und kämpft vergebens um Recht und Existenz, um Frau und Vermögen. Mit diesem Werk gab Balzac seine romantisch-phantastischen Jugendtendenzen auf und entdeckte seinen wahren erzählerischen Boden, die Wirklichkeit.
   Auch die anderen Erzählungen des Bandes „El Verdugo", eine Episode aus dem spanischen Feldzug, .Das rote Wirtshaus'", eine Geschichte aus den Tagen der Rheinarmee, „Die Messe der Gottlosen" aus medizinisch-philosophischem und „Die Börse" aus dem Milieu der Kunst zeigen den großen Romancier als den Meister der Erzählung, der aus zeitgegebenem Stoff Welt- und Menschenbilder von überzeitlicher Wirklichkeit schuf, und in dem sich - wie es Hofmannsthal ausdrückte - „die größte substantielle Phantasie seit Shakespeare verkörperte".